In Sao Paulo waren wir beim Achtelfinale Argentinien gegen die Schweiz. Vor dem Stadion tausende Argentinier ohne Karte und drinnen viele glückliche Karteninhaber. Von der Stimmung das bisher beste Spiel. Wirklich ein Hexenkessel und Dauergänsehaut – als dann noch das Tor in letzter Sekunde der Verlängerung fiel war für viele kein Halten mehr. Noch mehr als 60 Minuten nach Spielende standen wir im Block. Zuerst staunten wir nur, dann feierten wir einfach mit. Das ist WM!

Und dann standen die Rio Planungen im Vordergrund. Für ca. 60 Euro wurde ein Schlafbus gebucht, der uns über Nacht quasi im Schlaf nach Rio bringen sollte. Dazu über Airbnb eine Unterkunft im von Freunden empfohlenen Sambaviertel Lapa. Unsere Gastgeberin sprach zwar kein Wort Deutsch oder Englisch, gab sich aber alle Mühe um uns mit Händen und Füßen zu zeigen, dass wir hier willkommen sind. Sie gab uns einige Tipps und zeigte uns die Umgebung – sich sprachlich nicht verständigen zu können kann auch Spaß machen.

Was in Lapa abgeht ist unglaublich, tausende von Menschen machen die vierspurige Straße jede Nacht zu einem riesigen Partyareal. Aus den Bars schallt die Livemusik, Straßenhändler Verkäufen Caipirinha und Bier. 700 ml Caipirinha für 2,30 Euro – und es schmeckte so gut, dass unsere Sightseeing Planungen nicht in den frühen Morgenstunden statt finden konnten.

Am 4. Juli war es dann so weit, das wahre Ziel unserer Reise hieß von Beginn an Maracana. Eines der Stadien, die man als Fan einmal im Leben gesehen haben muss. Schon beim Ausstieg aus der Metro kribbelte es, im Stadion potenzierte sich das dann nochmals. Viele vorher getroffene Deutsche hatten keine Karte und der Schwarzmarkt ist hier illegal. So hörten wir nach dem Spiel von einigen Fans, die das Spiel auf dem Polizeirevier verfolgen mussten, da sie beim Versuch Karten zu erwerben erwischt wurden.

Zum Spiel gibt es nicht viel zu sagen, die Stimmung war ok, aber nicht überragend. Lag wohl auch daran, dass wir unsere Karten auf der französischen Seite hatten und grundsätzlich der Fananteil der beteiligten Mannschaften eher gering war.

Nach dem Spiel war der Abtransport ins Zentrum gut geregelt. So waren wir schon circa 45 Minuten vor dem Brasilien Spiel in Lapa zurück und wurden mit auf eine Straßenparty geschleppt. Eine enge Gasse mit leichtem Anstieg, ein paar aufgestellte Leinwände. Bier, Caipirinha, Fleisch und Trauben mit Schokolade überzogen gab es dort umsonst – dazu ausgelassene Stimmung, Jung und Alt gemeinsam, alle für Brasilien – grandios.

Bei den Toren und nach dem Schlusspfiff dann Party pur, Samba, Verbrüderungen und immer wieder der Satz „You are next!“ Überzeugung sieht allerdings anders aus. Vor allem nach dem WM-Aus von Brasilien-Held Neymar sagten uns auch viele Brasilianer, dass wenn wir gewinnen sollten, wir wenigstens dafür sorgen sollen, dass nicht Argentinien Weltmeister wird. Das ist doch ein Deal oder?

Am letzten Tag gab es dann Sightseeing. So waren wir an einem Tag an der Christusstatue und auf dem Zuckerhut, letzteres zum Sonnenuntergang. Zusätzlich konnten wir auf der Zwischenstation zum Zuckerhut die Verlängerung und das Elfmeterschießen der Holländer verfolgen, auch hier mit super Stimmung.

Der Ausblick und das Gefühl der Freiheit sind hier wirklich atemberaubend. Dazu die untergehende Sonne, die beeindruckende Stadt die wirklich nie schläft. Ich glaube nicht, dass es viel schönere Anblicke auf der Welt gibt. Ich kann es jedem nur ans Herz legen sich dies einmal anzusehen! Zum Tagesabschluss gab es noch einen Spaziergang entlang der Copacabana, ein paar Souvenirs und Getränke an der Promenade. Später ging es dann ins Bett.

Und jetzt geht es für uns nach Hause. Natürlich mit einem weinenden Auge – spielt unser Team doch am Dienstag im WM-Halbfinale nicht sehr weit Weg von hier. Und am Sonntag vielleicht einen Steinwurf von hier entfernt das Finale.

Es überwiegt aber doch die Freude. Das in den letzten 3,5 Wochen erlebte zu konservieren und zu verarbeiten wird wohl noch eine ganze Zeit dauern. Das wunderschöne Land, die herzlichen Menschen, die überall greifbare Lebensfreude – wir sind begeistert. Auch, dass alle Vorwarnungen von Kriminalität und die logistischen Herausforderungen die sich bei unseren Reisen durch das Land zwangsläufig ergeben haben allesamt gemeistert wurden.

Ich hoffe dass ich Ihnen mit meinen kleinen Berichten einen kleinen Eindruck von dem geben konnte, was eine WM am anderen Ende der Welt im fußballverrückten Brasilien bedeutet.

Meine innere Verrücktheit sagt mir, dass ich bei einem Finaleinzug am kommenden Wochenende erneut in den Flieger steigen sollte. Demnach hoffen wir, dass es einen Charterflug gibt, und unsere Chefs vielleicht am Montag nach dem Finale noch einen Tag auf unsere Arbeitskraft verzichten können. Aber so weit ist es noch nicht, denn das Spiel gegen den Gastgeber wird kein Selbstläufer – denn hier steht das gesamte faszinierende Land mit seinen liebenswerten Menschen hinter ihrer Selecao…